Aufrechnung mit verjährten Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache gegen Kautionsrückzahlungsanspruch (BGH, Urteil vom 10. Juli 2024 - VIII ZR 184/23)
Die Überschrift zur ganz aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs klingt etwas sperrig, aber der Inhalt des Urteils bedeutet eine wichtige Klärung der Vermieterrechte.
Zunächst zur Ausgangslage: Der Mieter beschädigt unstreitig die Mietsache und der Vermieter verwendet die Barkaution für die Reparaturkosten. Während die sechsmonatigen Verjährungfrist für die Vermieteransprüche gibt es keinerlei Kontakt zwischen den ehemaligen Vertragspartnern. Der Vermieter erklärt folglich auch nicht mit seinem Schadenersatzanspruch die Aufrechnung gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters.
Ein paar Tage nach Eintritt der Verjährung schreibt der ehemalige Mieter dem Vermieter plötzlich und verlangt die Rückzahlung der Kaution. In dem Schreiben weist er darauf hin, dass die Schadenersatzansprüche des Vermieters zwischenzeitlich verjährt sind und sich der Vermieter innerhalb der laufenden Verjährungsfrist nicht dazu geäußert hat, ob der Vermieter eine Reparatur durch den Mieter oder Geld verlangen möchte.
Hilfesuchend wendet sich der Vermieter an seinen Rechtsberater und der denkt sofort an den § 215 BGB. Nach dieser Vorschrift bleibt auch die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung möglich, wenn sich die Geldforderungen in nicht rechtsverjährter Zeit einmal aufrechenbar gegenübergestanden haben. Der Vermieter ist begeistert. Das ist doch ganz sein Fall und endlich steht das Recht einmal auf seiner Seite. Während der Vermieter seinen Jubel kaum unterdrücken kann, hüstelt der Rechtsberater und fügt hinzu: „Ja, aber da wäre noch das Problem mit der Ersetzungsbefugnis.“ Was ist eine Ersetzungsbefugnis? Schadenersatz bedeutet in erster Linie, dass der Schädiger den Zustand herzustellen hat, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Danach schuldet der Mieter also eine Reparatur. Der Vermieter kann stattdessen aber auch den zur Reparatur erforderlichen Geldbetrag verlangen. Die Entscheidung für Reparatur oder das Geld nennt man die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers.
Bislang wurde durch die Instanzgerichte vertreten, dass ohne die Entscheidung des Vermieters über die Reparatur durch den Mieter oder das Geld keine Aufrechnung nach Eintritt der Verjährung möglich sein. Aufrechenbar seien danach nur gegenüberstehende Geldforderungen und ohne die Entscheidung des Vermieters über die Ersetzungsbefugnis gab es keine Aufrechnungslage in nicht rechtsverjährter Zeit.
Hier ist die Entscheidung des BGH vom 10. Juli 2024 der Grund, weshalb der Rechtsberater die Erleichterung des Vermieters nicht mehr trüben muss. Die Richter des VIII. Zivilsenats haben entschieden, dass eine Aufrechnung des Vermieters mit verjährten Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters im Rahmen der Kautionsabrechnung regelmäßig auch dann möglich ist, wenn der Vermieter die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis (Verlangen von Schadensersatz in Geld statt einer Wiederherstellung der beschädigten Sache) nicht in unverjährter Zeit ausgeübt hat.
Der Grund zur Freude besteht allerdings nur für diejenigen Vermieter, die eine Barkaution genommen haben. Für Kautionsbürgschaften gilt, dass der Vermieter seine Ansprüche unbedingt innerhalb der Verjährungsfrist geltend machen muss.
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